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Rasko Peric:
Herzlich willkommen, liebe Doro. Es freut mich sehr, dass Du heute unser Gast bist. Wir beide kennen uns ja schon, weil wir eine gemeinsame berufliche Station hatten in der Vergangenheit. Umso toller finde ich es, dass Du Dir die Zeit genommen hast, um uns ein paar Fragen zu beantworten zum Thema Personal, Personalmarketing – welche aktuellen Entwicklungen und Trends es gibt und wie die Zukunft möglicherweise aussehen wird. Bevor wir beginnen, noch kurz zu Dir, dass Du Dich vorstellst und sagst, wer Du bist und was Du machst. Bitte schön!

 

Dorothee Reiser, Personalwerk:
Hallo zusammen! Ja, freut mich, dabei zu sein und danke für die Einladung. Wie eben schon erwähnt: Mein Name ist Dorothee Reiser, ich bin Managing Director bei Personalwerk. Was macht Personalwerk? Als Gruppe sind wir ein 360 Grad-Anbieter im Bereich HR. Bedeutet, wir sind Experten im Bereich Employer Branding und Personalmarketing, E-Recruiting, Sourcing und einer der größten Multiposter im Bereich Stellenanzeigen.

 

Rasko Peric:
Wow. Was ist Deine spezielle Aufgabe bei Personalwerk?

 

Dorothee Reiser, Personalwerk:
Meine gesamte Leidenschaft gehört dem Thema Employer Branding. Ich berate Kunden im Bereich Employer Branding und Personalmarketing, das fängt an bei der Entwicklung von Arbeitgebermarken, der Kampagnenentwicklung, Aussteuerung – also mit welchen Maßnahmen kann man konkret Kandidaten erreichen und sich als Arbeitgeber sehr gut im Markt positionieren.

 

Rasko Peric:
Ich nehme an, das macht ihr deutschlandweit bzw. in der gesamten DACH-Region? Und auch branchenübergreifend bzw. alle Größen – vom Mittelstand bis zum Konzern?

 

Dorothee Reiser, Personalwerk:
Genau richtig. Unter unseren Kunden sind Riesenkonzerne dabei, aber auch kleinere Unternehmen – vielleicht angefangen unter 100 Mitarbeitern. Wir haben keinen Branchenfokus. Das macht es auch sehr interessant und ist auch schön, mit den Kunden gemeinsam tief in die Strategie einzusteigen und das Unternehmen als Arbeitgeber auf einen viel besseren Weg zu bringen.

 

Rasko Peric:
Jetzt steigen wir einfach mal ein. Der Einstieg wird – wie bei vielen anderen Themen auch – Corona sein, weil eben durch Corona einiges auf den Kopf gestellt worden ist in der Arbeitswelt. Stichwörter: flexibles Arbeiten, Kollaboration, Remote Work. Welche Erfahrungen und Feedbacks von Unternehmensseite konntet ihr denn dabei feststellen? Gab es da Reaktionen, die eher branchenspezifisch waren oder waren die eher übergreifend?

 

Dorothee Reiser, Personalwerk:
Ganz unterschiedlich. Corona konnte man nicht vorhersagen. Es war da und es musste sofort gehandelt werden, was für jedes Unternehmen sehr schnelle Handlungen erforderte. Man musste alle Leute ins Home Office kriegen, das war von der IT und prozessseitig ein Riesenaufwand, den sehr viele sehr gut gemeistert haben. Für manche Berufsgruppen und Branchen gibt es gar nicht die Möglichkeit, im Home Office oder remote zu arbeiten. Das waren da nochmal zusätzliche Herausforderungen. Nehmen wir jetzt ein produzierendes Unternehmen zum Beispiel, die hatten natürlich dann zwei Mitarbeitergruppen: Diejenigen, die man ins Home Office schicken konnte, aber auch eine große Mitarbeitergruppe, wo die Präsenz vor Ort natürlich bleiben musste. Das waren die Herausforderungen.

Darüber hinaus die ganze Arbeitsorganisation, und dann ging es auch darum, wie ist die Zusammenarbeit, wie kann Kultur weiter gelebt werden? Kann eine Unternehmenskultur überhaupt weiter gelebt werden? Wie kann ich den fehlenden persönlichen Kontakt austauschen. Viele unserer Kunden haben wir auch dabei unterstützt, wie kann man digital Kultur rüberbringen. Das ganze Thema interne Kommunikation: Wer sind wir überhaupt, wie handeln wir, wie ist unsere Kultur, wie sind unsere Werte, wie kann man das zu jedem einzelnen Mitarbeiter – in den meisten Fällen nach Hause – tragen? Und eben auch: Wie funktioniert eine Zusammenarbeit auf Distanz?

Auch das ganze Thema Führung: Müssten Führungskräfte extra geschult werden, wie führen sie auf Distanz, wie können sie auch in ihrem Führungsverhalten trotzdem die Kultur und die Werte weiterleben lassen, um durch das Arbeiten auf Distanz die Identifikation der Mitarbeiter zum Unternehmen und zum Arbeitgeber weiterhin aufrecht zu erhalten. Das waren so die Hauptprobleme oder Herausforderung besser gesagt, vor der alle Unternehmen standen. Da gibt es auch keine branchenspezifischen Ausreißer, sondern das war ja eine Situation: Corona betrifft die ganze Welt und somit auch jedes Unternehmen. /span>

 

Rasko Peric:
Das klingt nach viel Arbeit, nach vielen Baustellen, die man dann gleichzeitig hatte. Wie ist denn die jetzige Lage? Ist denn mittlerweile ein gewisses Aufatmen festzustellen, weil viele über den Berg sind? Oder anders gesagt: Es wurden ja Entwicklungen in die Wege geleitet, die die Situation verbessert haben – Stichwort Kultur, Führung.

 

Dorothee Reiser, Personalwerk:
Viele unserer oder fast alle Kunden kommen damit sehr gut klar. Es wurden mittlerweile Wege gefunden. Beim ersten Lockdown war ja gefühlt jeder in Schockstarre: Oh Gott, was passiert und wie geht man damit um? Da ging es zunächst darum: Wie kriegen wir schnellstmöglich alle Mitarbeiter ins Home Office? Als sich das dann normalisiert hat, konnte man sich um die weiteren Themen wie Führung, interne Kommunikation, Personalmarketing, Employer Branding intern/extern kümmern. Wir haben dann mit Kunden interne Kampagnen entwickelt, wie wir Mitarbeiter erreichen, welche Aktionen wir mit Teams machen können. Wir haben auch bei Kunden die Personalentwicklung unterstützt, indem wir zugeliefert haben – für Führungskräfte-Trainings etwa. Da wurden dann ganz viele Kontaktpunkte mit Mitarbeitern intern geschaffen, um die Kultur zu transportieren. Das kann über eine Anzeige in der Mitarbeiterzeitschrift sein, über einen internen Newsletter, den man etabliert, oder dessen Zyklen man verringert – also dann gibt es nicht einmal im Monat einen Newsletter an alle Mitarbeiter, sondern jede Woche oder alle zwei Wochen. Oder statt sich persönlich an der Kaffeemaschine zu treffen, hat man sich digital zum Kaffee oder zur Mittagspause getroffen. Es wurden ganz viele Aktionen ins Leben gerufen, um den fehlenden persönlichen Kontakt auszugleichen.

 

Rasko Peric:
Eben solche Faktoren wie Kultur waren sehr schwierig zu händeln. Von der technischen Seite – läuft es irgendwann, aber gerade diese Kulturkomponente ist schwierig, weil gerade der gemein-same Treffpunkt – also das Büro – fehlt. Die Kultur ist eine wichtige Basis für das Schaffen von Vertrauen. Es kommen ja trotz Corona neue Leute dazu, aber wie vermittelt man denen die Kultur des Unternehmens? Diese Problematik wird die Unternehmen nach wie vor beschäftigen?

 

Dorothee Reiser, Personalwerk:
Viele Unternehmen haben ihre Unternehmensmarke mit Werten definiert. Und sehr viele haben auch ihre Arbeitgebermarke mit Werten definiert. Ein Beispiel: Wenn ich eine Automarke nehme, weiß ich, was ich von den Modellen der Marke in etwa erwarten kann oder was sie für ein Image vermittelt. Und wie ist es, da zu arbeiten? Da haben wir dann bei ganz vielen ein Fragezeichen? Das heißt, da fehlt eine Arbeitgebermarke, denn die Unternehmensmarke kann nie identisch mit einer Arbeitgebermarke sein. Wenn es Unternehmen gibt, die genau wissen, wer sie als Arbeitgeber sind – also schon eine Employer Brand haben – die hatten natürlich in der Corona-Zeit einen Vorteil. Die wussten schon: Welche Werte wollen wir leben, für was stehen wir? Weil genau die wurden ja bereits mit Mitarbeitern von innen heraus definiert.

Wir konnten hier in die Kommunikation gehen, wie bei einem Kunden, bei dem an erster Stelle die Wertschätzung steht und das Kümmern, weil sich bei dem Unternehmen in allen Bereichen sehr viel tut, damit sich alle wohlfühlen und happy sind. Ich war beim Kunden vor Ort und das erste Mal war es schon fast ein bisschen spooky, weil das sind wirklich alle glücklich, wenn man durch die Gänge läuft und man denkt sich: Krass, ich sehe keinen, der mal nicht lacht. Da war es dann natürlich einfacher, weil wir genau wussten, auf was wir aufsetzen konnten und alle Mitarbeiter das auch schon kannten. Schwieriger war es dann natürlich für Unternehmen, die genau diesen Schritt – zu wissen, wer sind wir als Arbeitgeber, wofür stehen wir – noch nicht hatten. Da haben wir dann online mit Mitarbeitern aus verschiedenen Zielgruppen gesprochen und das dann entsprechend kommuniziert. Wir haben zum Teil Zitate aus diesen Gesprächen verwendet und damit konnten sich dann viele identifizieren.

Genau das macht es dann auch aus, diese Identifikation. Da ist dann auch der fließende Übergang von Employer Branding zur Mitarbeiterbindung. Ich nenne es immer „Klebstoff“, den Mitarbeiter und Arbeitgeber haben. Wenn ich eine Übereinstimmung der Werte und Ziele habe, habe ich einen sehr guten „Kleber“. Wenn man nicht so klar ist, kann ich mich nicht damit identifizieren. Das ist dieser „Klebstoff“ auf der emotionalen Ebene, der ist viel stärker als einer auf rationaler Ebene. Die rationale Ebene, das sind Dinge, die ganz klar sind – so etwas wie Gehalt, Urlaubstage, die Hard Facts. Wenn es einem Mitarbeiter nur um Hard Facts geht und er irgendwo ein bisschen mehr Gehalt bekommt, der ist sofort weg und kündigt. Den kann man dann auch nicht halten. Man braucht eben für diesen „Klebstoff“ zur Mitarbeiterbindung die Werte. Und da hatten es die Kunden, die die Werte definiert hatten, schon viel einfacher, weil da war es etabliert und da mussten wir die Botschaften der einzelnen Werte und der Haltung als Arbeitgeber einfach nur wieder ins Gedächtnis rufen. Bei anderen musste es dann durch diverse Beispiele und Live-Beweise durch Kollegen erst etabliert werden.

 

Rasko Peric:Man kann ja sagen: Für diejenigen, die sich vorher nicht darum gekümmert haben, sich eine Employer Brand zu kreieren, hat sich das ein stückweit gerächt, weil der „Klebstoff“ nicht da war. Seit Jahren wird das in der Branche gepredigt, so etwas zu machen. Und eine Situation wie Corona zeigt, dass es wichtig ist, so einen Unterbau zu haben. Die Quintessenz lautet: Es lohnt sich, in diesen Bereich zu investieren.

 

Dorothee Reiser, Personalwerk:
In jedem Fall. Corona ist der Turbo fürs Employer Branding, weil es eben ganz schnell ganz akut wurde und nicht vorhersehbar war. Aber die Welt besteht ja – zum Glück – nicht nur aus Corona. Wenn sich allein den demografischen Wandel anschaut: die Geburtenraten der letzten Jahre können wir nicht mehr ändern. Wir haben noch etwas für die Zukunft in der Hand, aber es ist ja de facto so, dass jedes Jahr mehr Menschen aus dem Arbeitsleben austreten als eintreten werden. Menschen, die arbeiten, sind zwischen 20 und 65 Jahre alt – und mehr Leute rutschen oben in dieser Altersspanne raus als dass sie nachkommen. Das heißt, wir laufen auf ein sehr großes Arbeitskräftedefizit zu. Wir haben dagegen auch positive Entwicklungen wie die Digitalisierung. Das Ganze wird als Fachkräftemangel bezeichnet, wobei ich meinen Kunden sagen muss: Das ist jetzt noch nicht der Fachkräftemangel, sondern der Kindergarten vom Fachkräftemangel! Wenn wir allein dieses Defizit aufaddieren für die nächsten Jahre, liegen wir derzeit bei einem Defizit bei rund 1,5 Millionen und bis 2035 werden wir da bei 10 bis 17 Millionen landen. Das können wir nicht mehr ändern und darin liegt die Schwierigkeit.

 

Rasko Peric:
Du hattest es ja bereits gesagt: Auch abseits von Corona gibt es Entwicklungen, die unaufhaltsam sind. Dazu gehört auch die Digitalisierung. Was kannst Du unseren Zuhörerinnen und Zuhörern mitgeben, was dich da tut?

 

Dorothee Reiser, Personalwerk:
Wir haben ja verschiedene Generationen auf dem Arbeitsmarkt und die ticken natürlich auch unterschiedlich. Da geht es darum, wie kann ich im Unternehmen die Generationen miteinander verbinden, damit es vom Mindset, von der Arbeitsweise her passt? Es gibt ja welche, die sagen: Ich will total flexibel arbeiten und manche wollen eine strikte Trennung zwischen Arbeits- und Berufsleben. Da prallen Welten aufeinander, wenn solche Personen in einem Team arbeiten. Wie gehen die miteinander um? Es sind meist die jüngeren Zielgruppen, die eine Trennung wollen. Fühlen die sich dann wohl an dem Arbeitsplatz? Wollen die bei dem Arbeitgeber bleiben? Das ist dann auch etwas, was man beachten muss.

 

Rasko Peric:
Das gibt es die bisherige Work-Life-Balance und das Work-Life-Blending, bei dem alles fließend ineinander übergeht.

 

Dorothee Reiser, Personalwerk:
Das wurde durch Corona noch ein bisschen verstärkt. Ganz viele haben ja auch andere Belastungen. Wir arbeiten von zu Hause aus, dann sind da die Kinder, der Partner. Gerade Kindern – und da muss ich sagen, hat unsere Gesellschaft eine enorme Leistung erbracht – kann man nicht sagen: Ich arbeite von 9:00 bis 18:00 Uhr und du darfst mich in dieser Zeit nicht ansprechen. Natürlich sind bei solchen Bedingungen teilweise die Uhrzeiten komplett verschwommen. Da werden bei den Familien viele nicken und sagen: Stimmt, sobald das Kind im Bett war, saß ich nochmal am Rechner und habe weitergearbeitet. Wie viel Privatleben bleibt da noch? Es gab keine strikte Trennung mehr: „Morgens und nach Feierabend habe ich ein Privatleben“. Sondern es ist den ganzen Tag, also 24 Stunden lang, miteinander verschwommen. Da war natürlich Corona ein Booster dafür, dass diese Grenze viel mehr verschwimmt.

 

Rasko Peric:
Es gibt ja nicht den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber. Jeder hat unterschiedlich reagiert, viele sehen die genannten Entwicklungen vielleicht als Bedrohung oder aber auch als Chance. Was sagst Du: Wird es zukünftig noch viele im Home Office geben?

 

Dorothee Reiser, Personalwerk:
Es gibt Studien, die während Corona durchgeführt worden sind. Da fand ich es superspannend, dass rauskam: Eigentlich sind alle Mitarbeiter überrascht, wie gut die Zusammenarbeit funktioniert. Das waren über 60% der Befragten. Die ganzen Lockdowns waren aber zum Teil auch Fluch und Segen, weil viele mittlerweile sagen: Für mich kommt ein Job ohne die Möglichkeit, remote zu arbeiten, nicht in die Tüte. Auf der anderen Seite sagen viele: Mir fehlt die soziale Interaktion. Das ist so ein spannender Spagat, wie man damit umgehen kann. Ich glaube nicht, dass ein Arbeitgeber erfolgreich sein wird auf dem Kandidatenmarkt, wenn er komplett und zu 100% zur Präsenzarbeit geht. Ich denke, die Zukunft wird mit einer Hybrid-Lösung sein.

 

Rasko Peric:
Auch wir stellen das bei uns fest und ich denke, dass es in diese Richtung gehen wird. Dass man flexibel – oder noch flexibler – auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter wird eingehen müssen.

 

Dorothee Reiser, Personalwerk:
Da war Corona der größte Beweis dafür, dass Remote-Arbeit funktioniert. Wir haben ja auch den Generationswechsel in den Führungs- und Management-Etagen. Gerade bei konservativeren Unternehmen war die Skepsis gegenüber Remote-Work oder Home-Office groß. Da hat Corona viele Beweise zu geliefert: Es stimmt überhaupt nicht!

 

Rasko Peric:
Die Sache mit der Effizienz und der Kultur können auch wir beobachten. Es gibt Mitarbeiter, die einfach sagen: Ich darf wieder ins Büro und ich möchte das auch, weil mir das wichtig ist. Ich danke Dir sehr für diese Einblicke! Es mir großen Spaß gemacht, diese Themen anzuschneiden. Ich hoffe, für die Zuhörerinnen und Zuhörer war es ebenso spannend. Dir weiterhin viel Erfolg.

 

Dorothee Reiser, Personalwerk:
Danke, gerne wieder!

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